Datenrettung und Datensicherung
„Niemand will Backup. Alle wollen Restore.“ [Kristian Köhntopp]
„Aber ich hab doch gar nix Wichtiges auf meiner Festplatte.“ – Wirklich? Ich höre das so oft, aber wenn es dann doch „knallt“, ist das Gejammer groß. Dabei sind die Möglichkeiten, die Daten der Festplatte ganz oder teilweise zu verlieren, viel umfangreicher, als sich das der Standard-PC-Benutzer so im Allgemeinen vorstellt:
- Plattencrash
- Festplatten halten nicht ewig. In diesen Geräten bewegt sich im laufenden Betrieb ständig der Schreib-/Lesekopf hin und her (mechanische Abnutzung). Der Kopf bzw. die Köpfe schweben nur Bruchteile von Millimetern über der Plattenoberfläche. Erlahmt der Schreib-/Lese-Kopf, dann kann es „Aufsetzer“ geben, den gefürchteten Head Crash. Die Plattenoberfläche wird dabei unwiderruflich beschädigt (siehe auch: Aufbau einer Festplatte).
- Auch die Elektronik ist anfällig für Alterungsprozesse, und Staub und eventuell Nikotin tun das ihre dazu.
- Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn die Platte ungewöhnliche Geräusche von sich gibt. Spätestens dann wird es meistens Zeit, sich nach einer neuen umzusehen.
- Schadsoftware
- Ist Ihr Virenscanner auf dem aktuellen Stand? Wissen Sie genau, welche E-Mails Sie nicht öffnen dürfen? Ist Ihre Firewall „dicht“? Ganz sicher?
- Als Viren, Würmer, Trojaner oder über offene Ports können Schadroutinen ins System gelangen, die Ihre Daten löschen, verändern oder sogar Ihre komplette Festplatte in Elektronikschrott verwandeln können. Informationen über einzelne Schadprogramme gibt es beispielsweise bei Sophos.
- Angriffe und virtuelle Einbrüche
- Nicht nur automatisch arbeitende Programme, sondern auch individuelle Angreifer können über Internet, Intranet oder im Direktzugriff (vor dem PC sitzend) ins System gelangen und – direkt oder mit Hilfe von Programmen oder Scripten – erheblichen Schaden anrichten.
Daten sichern – aber richtig!
Wie machen das die Großen?
In großen Firmen ist Datensicherung eine überlebensnotwendige Selbstverständlichkeit und wird daher mit nicht gerade geringem Aufwand betrieben. Redundanz ist das Zauberwort, also das mehrfache Vorhandensein der selben Daten, und zwar möglichst auf dem selben Stand.
Das kann dann so aussehen: Server A, der beispielsweise die laufenden Buchhaltungsdaten speichert, ist mit hochwertiger Hardware ausgerüstet. Unter anderem stecken auf der Hauptplatine zwei SCSI-Controller. An jedem befindet sich ein Stapel von gleich großen Festplatten in ungerader Anzahl. Diese sind so organisiert, daß die Daten auf den verschiedenen Platten verteilt gespeichert werden. Außerdem befindet sich das Journal (ein Hilfsmittel zur Rekonstruktion von verloren gegangenen Daten) einer Platte jeweils auf mindestens einer anderen Platte. Fällt eine Platte aus, dann kann sie im laufenden Betrieb ausgetauscht werden; die Daten, die sich darauf befanden, werden danach von einem Programm, das diesen Plattenstapel verwaltet, einfach von den Daten auf den anderen Platten heraus rekonstruiert. (Diese Technik nennt man RAID 5.)
Der zweite Plattenstapel am zweiten SCSI-Controller ist ein exakter Spiegel des ersten. Fällt also der komplette erste Plattenstapel oder der erste SCSI-Controller aus, springt der zweite sofort ein, und die Benutzer merken nicht einmal etwas davon. – Selbstverständlich wird zusätzlich täglich ein Backup auf einen externen Datenträger (zum Beispiel Magnetband) erstellt.
Das ist aber nur die erste Stufe. Ein gleichartiger Server B mit wiederum zwei gespiegelten RAID-Plattenstapeln an zwei SCSI-Controllern steht in einem anderen Gebäude (damit zum Beispiel bei Feuer oder Einbruch nicht beide gleichzeitig in Gefahr sind) und sind untereinander über das Netzwerk verbunden. Server A schickt seine aktuellen Daten (nahezu) ständig auch an Server B. Wenn Server B feststellt, daß Server A nicht mehr reagiert, dann übernimmt er dessen Stelle – der Datenverlust ist wegen des ständigen Abgleichs minimal bis Null. Natürlich wird auch bei Server B täglich ein Backup auf einen externen Datenträger angefertigt.
Für den Fall, daß alle Stricke reißen, befindet sich ein weiterer Server C in einem dritten Gebäude. Dieser Server läuft aber eventuell nicht ständig mit, sondern wartet abgeschaltet oder im Suspend-Modus auf seine Aktivierung. Er wird auch nicht ständig mit den aktuellen Daten gefüttert, sondern bekommt in größeren Abständen ein Daten-Update. Wenn er in Betrieb gehen muß, muß der Administrator erst die letzten Backups von einem der anderen Server einspielen, um den Verlust aktueller Daten so gering wie möglich zu halten.
Private Anwender oder kleine Firmen können einen solchen Aufwand natürlich nicht betreiben. Das heißt aber noch lange nicht, daß Sie Ihre Daten gar nicht sichern können!
Wie kann ich meine Daten sichern?
Auch für den Privatbereich gibt es mittlerweile mehrere Möglichkeiten, Daten aller Art und Größe auch zeitnah redundant zu speichern.
- Backup auf eine zweite Festplatte
- Eine sehr zeitnahe Sicherungsmöglichkeit besteht darin, eine
zweite Platte in den PC einzubauen und geänderte Daten der
ersten Platte einmal täglich – das läßt sich auch
automatisieren – auf die zweite Platte zu kopieren. Um
Platz zu sparen, kann man sie dabei natürlich auch
komprimieren; damit könnte diese zweite Platte sogar kleiner
sein als die Hauptplatte. Sinnvoll ist es, diese zweite
Platte an den zweiten IDE-Controller zu stecken; der
Datenfluß zwischen den Platten ist damit schneller.
- Vorteile: Die gesicherten Daten sind schnell verfügbar und sehr aktuell. Der Zeitaufwand für das tägliche Backup ist anfangs gering, danach praktisch Null, weil der Vorgang völlig automatisiert werden kann.
- Nachteile: Bei einem Defekt an einem der IDE-Controller, der vielleicht nicht sofort entdeckt wird, können Daten auf beiden Platten verändert werden oder verloren gehen. Schadprogramme, die nicht sofort entdeckt werden, können beim Backup auch auf die zweite Platte übertragen werden. Und natürlich ist auch die zweite Platte nicht vor Alterung gefeit – und wenn Murphy richtig zuschlägt, dann sterben beide Platten nahezu gleichzeitig.
- Backup auf externe Medien
- Aufwendiger ist schon die Sicherung auf ein externes Medium. Kleine Datenmengen kann man schon mal auf Disketten speichern, wobei ich die Erfahrung gemacht habe, daß Disketten, die in den letzten Jahren hergestellt wurden, ihre Magnetisierung extrem schnell verlieren können und sich daher als dauerhaftes Speichermedium nicht eignen. Wer noch Disketten aus den 90er Jahren hat, sollte diese gegenüber neu gekauften Disketten bevorzugen.
- Mittlerweile gehören aber CD- und sogar DVD-Brenner zur Standard-Ausrüstung von neuen PCs und auch Notebooks. Diese bieten sich natürlich für ein regelmäßiges Backup an. Wenn die Backups allerdings für längere Zeit aufgehoben oder wenn auf diesen Medien Daten dauerhaft archiviert werden sollen, empfehle ich dringend, nicht gerade die billigsten Rohlinge zu kaufen, sondern hier durchaus mal ein paar Euro mehr auf den Tisch zu legen, denn die Medien sind unterschiedlich stark anfällig für Umwelteinflüsse wie Licht, Staub usw. Auch hier läßt sich einiges automatisieren; den Rohling muß man allerdings schon selbst einlegen, beschriften und sicher verstauen.
- Backup auf einen externen PC
- Wer einen zweiten PC hat oder sogar ein kleines Netzwerk, kann seine Daten natürlich auch redundant auf die zweite Maschine bringen. Hier gelten die gleichen Vor- und Nachteile wie bei der Datensicherung auf eine zweite Festplatte im selben PC.
- Der sichernde PC muß aber nicht unbedingt im selben Haus sein. Auch ein Mietserver im Internet läßt sich dazu nutzen. Allerdings ist hier große Vorsicht geboten: Ist die Maschine im Netz nach den neuesten Erkenntnissen einbruchgesichert? Können die Daten dorthin verschlüsselt übertragen und vielleicht auch verschlüsselt abgelegt werden? Wer selbst die dafür notwendigen Kenntnisse mitbringt, kann dafür auch selbst Sorge tragen. Der durchschnittliche Privatanwender hat diese Kenntnisse jedoch im Allgemeinen nicht und muß sich auf einen Dritten verlassen. Da kann ich nur sagen: Trau schau wem!
- Das Optimum: Kombination!
- Optimal ist es, sich nicht nur auf eine Sicherungsmethode zu verlassen. Für den durchschnittlichen Privatanwender und für Kleinunternehmer bzw. Kleinbetriebe halte ich es für sinnvoll, täglich auf eine zweite Platte (eventuell in einem zweiten PC) zu sichern und zusätzlich wöchentlich bis maximal monatlich ein Komplett-Backup auf CD oder DVD zu brennen.
- Wer den Zeitaufwand scheut, sollte sich vor Augen führen, wie hoch der Zeit- und eventuell auch Geldaufwand ist, wenn die Festplatte wirklich den Geist aufgibt oder sich ein Unbefugter an den Daten zu schaffen gemacht hat!
Professionelle Datenrettung
Sie kommen zum Zuge, wenn nicht oder nicht ohne massiven Aufwand wieder beschaffbare Daten beschädigt wurden: Datenrettungsfirmen. Diese beschäftigen spezialisierte Fachleute, die in der Lage sind, die Daten im Extremfall sogar bit- und byte-weise von der Plattenoberfläche zu pflücken. Logischerweise ist diese Dienstleistung nicht gerade billig zu haben: Ein Anbieter nannte mir auf telefonische Anfrage für die Wiederherstellung einer Standard-Festplatte (unabhängig von der Plattengröße) einen Preis von 400 bis 800 € bei logischer Beschädigung und von 850 bis 1800 € bei physikalischer Beschädigung.
Datensicherung ist die beste Datenrettung!
Es ist eine einfache Rechnung: Die Kosten für ein regelmäßiges Backup liegen weit unter denen einer Datenrettung. Und es ist ja nicht nur eine reine Geldfrage; Wer schon einmal wichtige Daten verloren hat, weiß, wieviele Nerven und welchen Zeitaufwand das kosten kann. Bedenken Sie das, wenn Sie glauben, ein Backup sei ein unnötiger Zeit- und Kostenaufwand!